EINBRÜCHE IN DER INANSPRUCHNAHME VON FRÜHERKENNUNGSUNTERSUCHUNGEN
Die Covid-19 Pandemie führte bei der Inanspruchnahme von Krebs-Früherkennungsuntersuchungen speziell im 1. Lockdown (März 2020) zu drastischen Einbrüchen. Dies ist im Wesentlichen auf zwei Faktoren zurückzuführen:
- Institute und Ordinationen waren teilweise geschlossen
- die Angst vor einer Ansteckung mit COVID-19 war bei vielen Menschen groß
Die Teilnahmerate am österreichischen Brustkrebs-Früherkennungsprogramm kehrte zwar ab Sommer 2020 wieder zu den Vergleichszahlen aus den Vorjahren zurück, insgesamt kam es 2020 dennoch zu einem Rückgang von rd. 12 % (rd. 40.000 Teilnehmerinnen) gegenüber 2019. Ähnlich verhält es sich bei der Inanspruchnahme von Vorsorge-Koloskopien: Hier zeigen die Zahlen einen Rückgang von rd. 15% gegenüber 2019.
DRAMATISCHE AUSWIRKUNGEN: RÜCKGANG AN NEUDIAGNOSEN
Der massive Einbruch der Inanspruchnahme von Früherkennungsuntersuchungen führte unweigerlich zu weniger bzw. zu verspäteten Krebsneudiagnosen. So belegt etwa eine US-amerikanische Untersuchung (Changes in the number of US-patients with newly identified cancer before and during the Covid-19-pandemic, Harvey W. Kaufmann, MD et al) einen durchschnittlichen Rückgang der Tumordiagnosen von über 46 % im Frühjahr 2020 – quer über sechs Tumortypen. Besonders drastisch war die Reduktion bei Mammakarzinomen (-52 %).
Eine österreichische Studie (International journal of gynecological cancer: official journal of the International Gynecological Cancer Society [Int J Gynecol Cancer], ISSN: 1525-1438, 2020 Nov; Vol. 30 (11), pp. 1667-1671; Publisher: BMJ; PMID: 33033166), an der 2077 Brust- und Unterleibskrebspatientinnen und 18 österreichischen Zentren teilnahmen, zeigte im Vergleichszeitraum Jänner - Mai 2019 gegenüber Jänner - Mai 2020 einen deutlichen Rückgang von Neudiagnosen: im März 2020 um 24 % (gg März 2019), im April 49%.
Eine im Dezember 2020 von der Österreichischen Krebshilfe und der ÖGHO (Österreichische Gesellschaft für Haematologie und medizinische Onkologie) in Kooperation mit fünf weiteren führenden medizinischen Fachgesellschaften durchgeführte qualitative Umfrage unter denheimischen OnkologInnen zeigte ebenfalls besorgniserregenden Ergebnisse: Mehr als drei Viertel der KrebsfachärztInnen hat während der beiden Lockdowns im Frühjahr und im November 2020 einen Rückgang an onkologischen Leistungen bemerkt – und zwar um etwa ein Drittel.
ERHHÖHTE STERBLICHKEIT PROGNOSTIZIERT
Eine im renommierten Journal Lancet veröffentlichte, englische Studie (The impact of the COVID-19 pandemic on cancer deaths due to delays in diagnosis in England, UK / C Maringe et al, Lancet 2020) rechnet eine markante Zunahme der Sterblichkeit in den nächsten fünf Jahren vor, die durch die verzögerte Diagnose von Krebserkrankungen verursacht wird. Die Wissenschafter gehen dabei von 5 % bis fast 17 % mehr Todesfällen bei Brustkrebs, Darmkrebs, Lungenkrebs und Speiseröhrenkrebs aus.
KREBSHILFE-FORDERUNGEN
„Die COVID-19-Pandemie ist nicht nur eine der größten Gesundheitskrisen des letzten Jahrhunderts, sie zieht auch massive Kollateralschäden nach sich“, so Univ.-Prof. Dr. Paul Sevelda, Präsident der Österreichischen Krebshilfe. „Es braucht dringend eine gemeinsame Kraftanstrengung, um die Menschen VERSTÄRKT über die Wichtigkeit der Inanspruchnahme von Krebsfrüherkennungs-untersuchungen zu informieren und einen Pandemie-Plan, damit es beim nächsten Mal nicht mehr zu solch dramatischen Kollateralschäden kommt. Ein Bestandteil eines solchen Planes ist sicher die raschest mögliche Umsetzung von weiteren Screening-Angeboten wie „Darmkrebs“ und eine verstärkte Bewerbung der HPV-Impfung,“ so Sevelda. „Jetzt muss es unser aller wichtigstes Anliegen sein, die Impfung gegen Covid-19 allen in Österreich lebenden Menschen ab dem 12. Lebensjahr zur Verfügung zu stellen und sie zu dieser wichtigen Maßnahme zu motivieren. Auch die baldige Auffrischungsimpfung für all jene Personen, die dem Hochrisikokollektiv zuzuordnen sind, insbesondere auch den an fortgeschrittenem Krebs Erkrankten, ist österreichweit in den kommenden Wochen umzusetzen.“
KREBS-FRÜHERKENNUNGSEMPFEHLUNGEN DER ÖSTERREICHISCHEN KREBSHILFE
- Mammografie und ergänzender Ultraschall gem. Brustkrebs-Früherkennungsprogramm (BKFP)
Mammografie ab 40 in zweijährigem Abstand. Sollte bei der Mammografie etwas Auffälliges entdeckt werden oder das Brustgewebe sehr dicht sein, kann zusätzlich eine Ultraschall-Untersuchung (= Sonografie) gemacht werden. Die Notwendigkeit wird durch den Radiologen/die Radiologin individuell entschieden.
- Darmspiegelung
ab 50 alle zehn Jahre bei Stellen, die ein Qualitätszertifikat Darmkrebsvorsorge haben. Eine Auflistung dieser Stellen finden Sie unter www.krebshilfe.net und www.oeggh.at.
Test auf verborgenes Blut im Stuhl (Okkult-Test)
ab 40 jährlich
- Krebsabstrich und HPV-Test
ab 20 einmal jährlich Krebsabstrich. Frauen ab dem 30. Lebensjahr wird zumindest alle 3 Jahre ein HPV-Test empfohlen. Dies gilt für HPV-geimpfte und nicht HPV-geimpfte Frauen. Dabei soll eine Doppel-Testung (HPV- Test und gleichzeitiger PAP-Abstrich) vermieden werden.
- Prostata-Vorsorgeuntersuchung
regelmäßig ab 45
- Impfung gegen HPV
Mädchen/Frauen und Buben/Männer ab dem 9. Geburtstag
- Hautselbstuntersuchung
zweimal jährlich. Jede Veränderung soll umgehend dem Hautarzt/der Hautärztin gezeigt werden!
Bei Rückfragen:
Österreichische Krebshilfe
Doris Kiefhaber, Geschäftsführung
kiefhaber@krebshilfe.net
Tel. +43 676 502 43 72
Univ.-Prof. Dr. Paul Sevelda, Präsident der Österreichischen Krebshilfe